Beitrags-Nachforderungen drohen – BSG erklärt Minderheitsgesellschafter zu versicherungspflichtigen Beschäftigten

Drei aktuelle Urteile des Bundessozialgerichts (BSG) werden wohl in vielen Gesellschaften für große Unruhe und Unsicherheit führen. Es muss davon ausgegangen werden, dass bei Betriebsprüfungen nun verstärkt Statusfälle aufgegriffen werden und die Versicherungspflicht von angestellten Minderheitsgesellschafter festgestellt werden kann.

Definition des Mindestgesellschafter

Minderheitsgesellschafter einer GmbH sind alle Personen, die an der GmbH einen Anteil von weniger als 50 % halten. Mit dieser geringen Beteiligung verfügen sie naturgemäß über keine „entscheidende Rechtsmacht“ und können keine Beschlüsse verhindern, z. B. nicht die eigene Entlassung. Bereits seit dem „Schönwetterurteil“ des BSG (Urteil v. 29.08.2012, B 12 KR 25/10 R)  wird dieser häufig angetroffene Personenkreis als versicherungspflichtige Beschäftigte beurteilt. Auch die freie Einteilung der Arbeitszeit ist kein abschließendes Argument mehr, auf eine Selbständigkeit zu plädieren.

Die elementare Frage ist und wird nun verstärkt sein, ob eine sog. Stimmrechtsbindung die Versicherungspflicht angestellter Minderheitsgesellschafter verhindern kann.

Definition der Stimmrechtsbindung

Wenn Gesellschafter im Voraus durch Vertrag festlegen, wie sie sich in der Gesellschafterversammlung bei Abstimmungen verhalten, spricht man von einer Stimmrechtsbindung. Damit soll die 50 % Hürde überwunden und eine Sperrminorität geschaffen werden. Mit einem geeigneten Regelungsinhalt kann in dieser Konstellation der Minderheitsgesellschafter eine „Rechtsmacht“ erlangen, die einem selbständiger Unternehmer entspricht. Damit sollte die Annahme einer Beschäftigung nach § 7 SGB IV vermieden werden.

Problem: Stimmrechtsbindungsverträge außerhalb von Gesellschaftsverträgen

Wenn Stimmrechtsbindungsverträge jedoch – wie in den jetzt vom BSG entschiedenen Fällen – außerhalb von Gesellschaftsverträgen geschlossen wurden, entfalten sie keine Wirkung bei einer Statusfeststellung, so dass nach dem BSG eine versicherungspflichtige Beschäftigung bei diesem Sachverhalt angenommen werden kann.

Problemlösungen?

Echte Rechtssicherheit kann nur ein Statusfeststellungsverfahren bringen. Allerdings drohen hier im Ergebnis hohe Nachforderungen. Dabei ist der Arbeitgeber gem. § 28e Absatz 4 SGB IV Schuldner des Gesamtsozialversicherungsbeitrags. Er hat daher rückwirkend vom Zeitpunkt des Beginns des Beschäftigungsverhältnisses alle Sozialversicherungsbeiträge – d.h. Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteile nachzuzahlen. In der Regel wird die Nachzahlungspflicht nur durch die Verjährung (4 Jahre) begrenzt.

In jedem Fall sollten Verträge durch erfahrene Anwälte begutachtet werden und gegebenenfalls neu gestaltet werden. Meides Rechtsanwaltsgesellschaft hat hierzu die Expertise.

(BSG, Urteile v. 11.11.2015, B 12 R 2/14; B 12 KR13/14; B12 KR 10/14R)

Das in diesem Beitrag verwendete Foto „sick-card“ stammt von blickpixel @pixabay.com. Herzlichen Dank!