Allgemeinverbindlichkeit des Sozialkassentarifvertrags

Um die Tarifverträge der Sozialkassen des Baugewerbes (Soka Bau) gibt es immer wieder Streit und Unsicherheit. Hintergrund ist der Umstand, dass die Sozialkassentarifverträge die Arbeitgeber im Baugewerbe verpflichten, Beiträge an die Sozialkassen zu zahlen. Durch die Allgemeinverbindlichkeit des Sozialkassentarifvertrags Bau werden auch nichttarifgebundene Arbeitgeber zur Zahlung der Beiträge an die Soka Bau verpflichtet. Vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg versuchten zwei nicht tarifgebundene Arbeitgeber, die ein Baugewerbe betreiben, deshalb die Unwirksamkeit der Allgemeinverbindlichkeitserklärung zu erstreiten.

Hintergrund

Die Wirksamkeit einer Allgemeinverbindlichkeit des Sozialkassentarifvertrags Bau ist seit dem 16.08.2014 in erster Instanz von dem Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg zu überprüfen; zuvor war der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten gegeben.

Gemäß § 5 TVG können Tarifverträge von der zuständigen Behörde (dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales) für allgemeinverbindlich erklärt werden. Voraussetzung dafür ist,
dass
1. die tarifgebundenen Arbeitgeber nicht weniger als 50 v. H. der unter den Geltungsbereich des unter den Tarifvertrag fallenden Arbeitnehmer beschäftigen
2. die Allgemeinverbindlicherklärung im öffentlichen Interesse geboten erscheint.

Große wirtschaftliche Bedeutung

Eine Allgemeinverbindlichkeit des Sozialkassentarifvertrags führt zu einer Tarifbindung der zuvor nicht tarifgebundenen Arbeitgeber, d. h., ein Arbeitgeber muss auch dann Sozialkassenbeiträge an die Soka Bau zahlen, wenn er nicht Mitglied eines Arbeitgeberverbandes ist.

Ob eine Allgemeinverbindlicherklärung zu Recht erfolgte, ist daher über den jeweiligen Einzelfall hinaus von großer wirtschaftlicher Bedeutung.

Die Entscheidung

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat mit Beschluss vom 17. April 2015 die Wirksamkeit der Allgemeinverbindlicherklärungen aus den Jahren 2008 und 2010 festgestellt. Es hat dabei die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales zugrunde gelegten Zahlen für das 50%-Quorum des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr 1 TVG für entscheidend gehalten und auch das öffentliche Interesse im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 TVG bejaht.

Das Landesarbeitsgericht hat für die unterlegenden – zuvor nicht tarifgebundenen – Arbeitgeber die Rechtsbeschwerde an das Bundesarbeitsgericht zugelassen.

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