Sozialkassenpflicht bei Flussregulierung und Ufer-Renaturierung
Sozialkassenbeiträge für Erdarbeiten zu Umweltschutz-Zwecken
Bei Erd- und Wasserbauarbeiten aus Umweltschutzgründen entsteht zwar kein Bauwerk im konventionellen Sinn. Trotzdem zählen solche Arbeiten zu den Tätigkeiten, die eine Beitragspflicht des Arbeitgebers zur Sozialkasse der Bauwirtschaft (SOKA-Bau) auslösen können.
Das hat das Hessische Landesarbeitsgericht in Frankfurt am Main entschieden. Betriebe, die mit Wasserbauarbeiten zu Landschafts- und Naturschutzzwecken befasst sind, sollten sich mit einer möglichen SOKA-Beitragspflicht befassen, bevor ein Erfassungsbogen der Kasse ins Haus flattert. Ob die Beiträge sich vermeiden lassen, und wie Sie der SOKA antworten sollten (oder nicht), weiß Ihr Rechtsanwalt für SOKA-Fragen: Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. Meides.
Die Sozialkasse der Bauwirtschaft: Beitragspflicht unabhängig von der Tarifbindung
Die Regelungen zur Sozialkasse der Bauwirtschaft finden sich in einem eigenen Tarifvertrag: VTV wird der Verfahrenstarifvertrag zum Sozialkassenverfahren in der Bauwirtschaft abgekürzt. Da der Bundesminister für Arbeit bislang jede Version des VTV für allgemeingültig erklärt hat, gilt die Beitragspflicht zur SOKA-Bau auch für Betriebe, die keiner Arbeitgeberorganisation angehören. Entscheidend ist nur, ob sie von dem im VTV definierten Geltungsbereich erfasst werden.
Wenn im Betrieb zu mehr als 50 Prozent der Gesamtarbeitszeit Tätigkeiten ausgeübt werden, die der VTV als beitragspflichtig deklariert, dann muss der Arbeitgeber SOKA-Beiträge auf die Bruttolöhne seiner Arbeitnehmer abführen.
Wasserbau, Entwässerungs- und Drainage-Arbeiten: Beitragsklage der SOKA-Bau
Das Landesarbeitsgericht Hessen musste sich mit den Beitragsforderungen der SOKA-Bau gegen einen Betrieb befassen, der Renaturierungsarbeiten an Wasserläufen ausführte. Dabei ging es vor allem um wasserbezogene Tätigkeiten, mit denen ökologisch wertvolle Biotope geschaffen Ufer renaturiert und Hochwasserschutz ermöglicht wurde. Daneben führte der betroffene Betrieb auch Entwässerungs- und Drainage-Arbeiten sowie Pflanzarbeiten aus, etwa das Setzen von Gehölzen und Sträuchern zur Uferbefestigung.
Für diese Tätigkeiten verlangte die Sozialkasse der Bauwirtschaft Beiträge. Es ging um 15 Monate und einen Gesamtbetrag von etwas mehr als 10.000 Euro. Da der Betrieb sich gegen die Forderung wehrte, ging sie vor Gericht. In der ersten Instanz urteilte das Arbeitsgericht Wiesbaden, am Sitz der SOKA-Bau. Es gab der Sozialkasse recht
Wasserbauarbeiten nur bei Arbeit an einem Bauwerk?
„Wasserwerksbauarbeiten“, „Wasserhaltungsarbeiten“ sowie „Wasserbauarbeiten“ erwähnt der SOKA-Tarifvertrag VTV explizit als beitragspflichtige Tätigkeiten. Außerdem nennt er drei Beispiele dafür: Wasserstraßenbau, Wasserbeckenbau, und Schleusenanlagenbau. Alle drei Beispiele beziehen sich auf Bauwerke, die im Rahmen von Wasserbauarbeiten errichtet oder an den gearbeitet wird.
An diesem Punkt setzte das Argument an, mit dem sich das Unternehmen gegen die SOKA-Beitragsforderungen wehrte: Wasserbauarbeiten setzten den Bezug zu einer baulichen Anlage voraus. Da man bei den Renaturierungsarbeiten keine bauliche Anlage errichtet habe, lägen keine Wasserbauarbeiten im Sinne des VTV und damit auch keine Beitragspflicht vor.
LAG Hessen: es muss nicht um ein Bauwerk gehen
Wie schon die erste Instanz zeigte sich auch das Landesarbeitsgericht wenig aufgeschlossen für diese Begründung. Stattdessen sprach es ebenfalls der SOKA-Bau einen Anspruch auf die Beiträge zu. Man verkenne „den Begriff des Wasserbaus“, so die Richter, wenn man meine, dass solche Arbeiten „stets Tätigkeiten an einem Bauwerk oder einer Anlage voraussetzten“.
Deshalb waren für das Gericht nicht nur die Arbeit an Kanalisationen und Kläranlagen, Wasserwerken und Wasserversorgungssystemen, Talsperren und Hochwasserrückhaltebecken sowie Schifffahrtsstraßen und Häfen Fälle von Wasserbau. Das Gleiche gelte auch für die Flussregulierung, die Wildbachverbauung, den Hochwasserschutz, den Küsten- und Inselschutz sowie das Arbeiten an natürlichen Hochwasserrückhaltebecken. Bei Gewässerregulierung oder Umweltschutzmaßnahmen würden häufig „natürliche Bauelemente“, wie Baumstämme, Sand oder Kies verwendet. Trotzdem sei bei solchen „Erdbauwerken“ der „Charakter als bauliche Maßnahme“ gegeben.
Möglicher Ausweg: Garten- und Landschaftsbau
Auf einen Aspekt, der den Betrieb vielleicht vor der SOKA-Beitragszahlung bewahrt hätte, wies das Landesarbeitsgericht selbst hin: viele der Arbeiten, wie das Setzen von Bäumen und Sträuchern, lassen sich auch unter den Garten- und Landschaftsbau einordnen. Die genaue Abgrenzung war in diesem Fall jedoch nicht von Belang. Für Sowohl-als-auch-Tätigkeiten gilt: wenn der Betrieb kein Mitglied im Fachverband GaLa-Bau ist, gilt der VTV und damit die Beitragspflicht. Dort war das verklagte Unternehmen kein Mitglied.
Eine Mitgliedschaft hätte die Frage ins Zentrum gerückt, welche der Arbeiten allein unter den VTV fielen, und ob diese dann immer noch mehr als die Hälfte der Gesamtarbeitszeit ausgemacht hätten.
Beratung zum konkreten Fall: die Kanzlei Meides ist auf Sozialkassenrecht spezialisiert
Welche Möglichkeiten haben Betriebe, die an der Schnittstelle von Wasserbau, Tiefbau sowie Garten- und Landschaftsbau tätig sind, um Beitragsforderungen der Sozialkasse Bau zu entgehen? Diese Frage lässt sich nur individuell beantworten: Entscheidend sind die ausgeführten Arbeiten im Detail, sowie ihr Umfang. Auch andere Aspekte wie die Qualifikation der Mitarbeiter oder selbst die Unternehmensstruktur können relevant sein.
In vielen Fällen kann sich die Mitgliedschaft im regional zuständigen GaLa-Bau-Verband lohnen. Die Beiträge zur EwGaLa, der Sozialkasse des Garten- und Landschaftsbaus, sind deutlich niedriger als die zur Sozialkasse der Bauwirtschaft. Welche Lösung für Ihren Betrieb optimal ist, sagt Ihnen Rechtsanwalt Dr. Meides. Er ist Fachanwalt für Arbeitsrecht. Die Kanzlei Dr. Meides Rechtsanwälte hat sich seit vielen Jahren auf die Beratung und Vertretung von Arbeitgebern gegenüber unberechtigten Forderungen an Beiträgen und Zinsen der tariflichen Sozialkassen spezialisiert. Sie erreichen die Dr. MEIDES Rechtsanwaltsgesellschaft unter MEIDES Rechtsanwälte, Frankfurt.
Das in diesem Beitrag verwendete Foto stammt von Pixabay.com © bluelightpictures. Herzlichen Dank!