Arbeitnehmerdatenschutz gilt auch für den Betriebsrat
LAG Hessen: Der Betriebsrat ist kein datenschutzfreier Raum
Die Pflicht, Arbeitnehmerdaten zu schützen, betrifft nicht nur Arbeitgeber. Sie gilt auch für den Betriebsrat. Grobe Datenschutzverstöße können Betriebsratsmitglieder ihr Amt kosten.
Das hat das Landesarbeitsgericht Hessen in einer wichtigen Entscheidung unterstrichen. Das Gericht bestätigte den Ausschluss eines Betriebsratsvorsitzenden, weil dieser mehrfach leichtfertig mit personenbezogenen Daten der Belegschaft umgegangen war.
Ein Betriebsratsvorsitzender fliegt aus dem Betriebsrat
Der Leitung einer im Südwesten Hessens gelegenen Klinik mit fast 400 Beschäftigten stellte ein Problem fest. Alle Nachrichten, die an die betriebliche E-Mail-Adresse des Betriebsratsvorsitzenden gingen, wurden automatisch an dessen Privatadresse beim E-Mail-Provider GMX weitergeleitet.
Dafür kassierte der Mann eine Abmahnung. Sie schien ihn nicht zu beeindrucken. Einige Wochen darauf schickte er erneut eine umfangreiche Personalliste mit ausführlichen Detailinformationen an seinen privaten E-Mail-Account, bearbeitete das Dokument an seinem privaten Rechner und sandte es zurück an die Betriebsratsadresse. Die Excel-Liste umfasste Namen, Positionen und detaillierte Entgeltinformationen zu allen Klinikangestellten.
Nachdem die Klinikleitung davon erfahren hatte, beantragte sie beim Amtsgericht Wiesbaden den Ausschluss des Betriebsratsvorsitzenden aus seinem Amt.
Ausflüchte statt Rechtfertigungen
Den Vorgang selbst konnte der Betriebsratsvorsitzende nicht bestreiten. Die Klinikleitung hatte unter Einbeziehung ihres Datenschutzbeauftragten eine Sichtung des E-Mail-Servers vorgenommen und dabei die Kommunikation zwischen betrieblicher und privater E-Mail-Adresse festgestellt. Stattdessen versuchte er sein Handeln zu rechtfertigen: Er habe zur Bearbeitung der Liste seinen privaten Laptop mit größerem Display benötigt, sei aufgrund von Urlaub nicht vor Ort gewesen, die Sache sei wegen anstehender Vergütungsverhandlungen dringlich gewesen und es habe keine andere Möglichkeit gegeben, die Daten zu übertragen.
Diese Einwände wurden zuerst vom Arbeitsgericht Wiesbaden und dann vom Landesarbeitsgericht in Frankfurt am Main zerpflückt. Er hatte bei der IT-Abteilung der Klinik nie nach Möglichkeiten gefragt, einen größeren Bildschirm für seinen dienstlichen Laptop zu nutzen. Die Vergütungsverhandlungen liefen zäh, ihr Abschluss erfolgt erst viele Monate später. Außerdem war der Mann während seines Urlaubs mehrfach im Betriebsratsbüro.
Datenschutzverstöße des Betriebsrats sind kein Kavaliersdelikt
So blieb zum Schluss nur die Feststellung, dass der Betriebsratsvorsitzende sich unrechtmäßig über den Arbeitnehmerdatenschutz hinweggesetzt hatte. Seine Kollegen wussten nicht, dass ihre persönlichen Informationen über ein privates E-Mail-Fach versandt wurden. Sie hatten auch nie darin eingewilligt. Zudem konnte er sich nicht auf die Ausnahmeregelung zur Verarbeitung von Arbeitnehmerdaten „für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses“ berufen, denn die „Verarbeitung“ auf dem privaten E-Mail-Konto und dem privaten Laptop war nicht erforderlich gewesen.
Den pflichtvergessenen Umgang mit den personenbezogenen Daten der Kollegen wertete das Landesarbeitsgericht als grobe, weil „objektiv erhebliche und offensichtlich schwerwiegende“ Pflichtverletzung: Grund genug für den Betriebsratsvorsitzenden, aus seiner Stellung entfernt zu werden.
Gegen diesen Beschluss wurde nun erneut Beschwerde eingelegt. Die Sache liegt inzwischen beim Bundesarbeitsgericht in Erfurt. Ob der geschasste Arbeitnehmervertreter dort mit seiner zweifelhaften Einstellung zum Datenschutz mehr Erfolg haben wird, scheint zweifelhaft.
Ausschluss von Mitgliedern des Betriebsrats: eine Sache für den Fachanwalt
Das Arbeitsgericht kann jedes Mitglied einer Arbeitnehmervertretung bei „grober Verletzung seiner gesetzlichen Pflichten“ aus diesem Amt entfernen. Dazu ist ein Antrag erforderlich, den auch Arbeitgeber stellen können. Dies ist im Betriebsverfassungsgesetz festgelegt (§ 23 Abs. 1 BetrVG).
Neben einem schweren Datenschutzverstoß können zum Beispiel Wahlmanipulationen, Untreue oder die Verletzung von Verschwiegenheitspflichten den Ausschluss rechtfertigen. Ein einmaliger schwerer Verstoß genügt, solange er vorsätzlich oder grob fahrlässig begangen wurde. Allerdings hat das Bundesarbeitsgericht schon vor einigen Jahren entschieden, dass der Antrag auf Ausschluss nur bis zum Ende der Amtszeit möglich ist. Wird die betreffende Person für eine weitere Amtszeit gewählt, bietet eine zurückliegende Pflichtverletzung keine Handhabe mehr.
Es ist stets Eile geboten. Die arbeitsrechtliche Beurteilung ist komplex. Raum für Fehler besteht nicht. Die Fachanwaltskanzlei Meides berät seit vielen Jahren zur optimalen Vorgehensweise. Nehmen Sie Kontakt per E-Mail auf an MEIDES Rechtsanwälte Frankfurt.
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