Ausländisches Schreiner-Diplom schützt vor Beitragsforderung der Soka-Bau

Wieso soll ein Schreinerbetrieb Beiträge zur SOKA-Bau zahlen?

Ein Schreinerbetrieb aus Hessen wurde von der tariflichen Sozialkasse der Bauwirtschaft (ULAK / SOKA Bau) vor Gericht gebracht. Sie forderte die Nachzahlung von Beiträgen in Höhe von fast 20.000 Euro für einen Zeitraum von 11 Monaten.

Das Unternehmen wandte sich an die MEIDES Rechtsanwaltsgesellschaft, um die Beitragsansprüche vor Gericht abzuwehren. Mit Erfolg: das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hessen stellt ausdrücklich fest, dass der Schreinerbetrieb nicht unter den Sozialkassentarifvertrag im Baugewerbe (VTV) fällt. Damit sind die SOKA-Bau-Forderungen gegenstandslos.

Das Verfahren ist noch aus einem weiteren Grund bemerkenswert: Eine Reihe der Arbeitnehmer des von der SOKA verklagten Betriebs besaßen Schreiner-Diplome, die sie in Serbien erworben hatten. Diese Qualifikation erwies sich als zentrales Argument gegenüber der SOKA-Bau.

Streit um die Gesamtarbeitszeit

Ihre Beitragsansprüche gegen das Unternehmen hatte die SOKA-Bau damit begründet, dass dieses überwiegend allgemeine Bautätigkeiten ausgeführt habe: den Einbau von Baufertigteilen sowie Fassadenarbeiten und die Montage von Metallplatten. Dabei handle es sich um beitragspflichtige Arbeiten.

Der Betrieb selbst machte eine ganz andere Rechnung auf: mehr als 80 Prozent der Gesamtarbeitszeit sei auf Schreinerarbeiten entfallen, nur 20 Prozent auf Fassadenarbeiten. Die Montage von Fenstern und anderen Baufertigteilen habe nicht mehr als 40 Prozent ausgemacht, reine Schreinerarbeiten wie Verlegen von Holzfußböden dagegen mehr als 50 Prozent.

Das Schreinerhandwerk ist von Beitragsforderungen der SOKA-Bau ausgenommen

Wichtiger wurde in diesem Fall jedoch ein anderer Umstand. Der Schreinerbetrieb war Mitglied der Frankfurter Schreinerinnung und damit mittelbar auch des hessisch-rheinland-pfälzischen Fachverbands „Leben Raum Gestaltung“ des Schreinerhandwerks sowie im Bundesverband Holz und Kunststoff.

Damit fiel das Unternehmen gleich unter mehrere Tatbestände, die es vom SOKA-Tarifvertrag ausnahmen. Zum einen ist ein solcher Ausnahmetatbestand für Betriebe des Schreinerhandwerks ausdrücklich im VTV enthalten, wenn diese direkt oder indirekt Mitglieder des Bundesverbandes für Schreinerbetriebe sind und unter den entsprechenden Manteltarifvertrag für das Tischlerhandwerk fallen.

Die gleiche Ausnahme ergibt sich zudem aus der Verbände-Vereinbarung, die die SOKA-Bau mit einer Reihe von Arbeitgeberverbänden der Ausbaugewerke abgeschlossen hat. Dazu gehört auch eine Einschränkungsklausel, die das Tischlerhandwerks bzw. Schreinerhandwerk grundsätzlich von der Beitragspflicht zur Sozialkasse der Bauwirtschaft (SOKA-Bau / ULAK) ausnimmt.

Landesarbeitsgericht Hessen sagt: serbisches Schreiner-Diplom zählt

Entscheidend für die Beitragspflicht wurde damit die Frage: Erfasst der Manteltarifvertrag für das hessische Tischlerhandwerk den Frankfurter Betrieb? Mit der Innungsmitgliedschaft und dem Sitz in Frankfurt am Main war eine der Voraussetzungen klar erfüllt. Allerdings enthält das Tarifwerk eine weitere Voraussetzung: Mindestens ein Fünftel der Gesamtarbeitszeit muss von „einschlägig im Berufsfeld Holz fachlich qualifizierten Arbeitnehmern“ erbracht werden. Der Tarifvertrag nennt dabei „Tischler-/Schreinergesellen, Holzmechaniker oder gleichwertige Qualifikation sowie Holzfachwerker“.

Mehr als dieses Fünftel gewerblichen Arbeitnehmer des Betriebs verfügten über ein Schreiner-Diplom, das sie in ihrem Heimatland Serbien erworben hatten. Die Richter des Landesarbeitsgerichts bestätigten ausdrücklich, dass sie mit diesen ausländischen Berufsqualifikationen „Schreiner-Diplom“ als fachlich qualifiziert gelten. Ein deutscher Berufsabschluss als Schreinergeselle war nicht erforderlich. Mit der Folge, dass der Schreinerbetrieb sich keine weiteren Gedanken um die SOKA-Beitragsansprüche zu machen brauchte.

Rechtskonflikte um die tarifvertraglichen Sozialkassen bzw. Urlaubskassen: eine hochkomplexe Materie

Das Sozialkassenrecht hat sich über die Jahrzehnte hinweg zu einem hochkomplexen Teilgebiet des Arbeitsrechts entwickelt. So wie auch in diesem Fall können Detailbestimmungen in Tarifverträgen über die Rechtmäßigkeit von Beitragsforderungen entscheiden. Regelmäßig geht es sogar um die Existenz der betroffenen Unternehmen. Und die Erfahrung lehrt, dass die Sozialkasse der Bauwirtschaft sehr klagefreudig ist.

Für Rechtsanwalt Dr. Peter Meides, Gründer der MEIDES Rechtsanwaltsgesellschaft aus Frankfurt, war dieser Erfolg gegen die SOKA-Bau nur einer aus einer langen Reihe von Gerichtsverfahren, in denen er Betriebe gegenüber unberechtigten Sozialkassenforderungen vertreten hat. Sie erreichen die MEIDES Rechtsanwaltsgesellschaft unter MEIDES Rechtsanwälte, Frankfurt.

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