Strafanzeige gegen Arbeitgeber rechtfertigt nicht immer eine fristlose Kündigung.

Wenn Arbeitnehmer Strafanzeige gegen Arbeitgeber erstatten, dann kann das betreffende Arbeitsverhältnis sicher nicht mehr als unbelastet bezeichnet werden, aber nicht immer berechtigt eine solche Anzeige den Arbeitgeber zu einer fristlose Kündigung.

Fristlose Kündigung

Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Dafür ist zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“, d.h. typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile -jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist- zumutbar ist oder nicht.

Strafanzeige

Zwar kann die Erstattung einer Strafanzeige an sich einen Grund für eine außerordentliche Kündigung darstellen. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Arbeitnehmer mit der Erstattung einer Strafanzeige ein staatsbürgerliches Recht wahrnimmt (Bundesarbeitsgericht 7.12.2006 – 2 AZR 400/05, Rn. 17). Zu berücksichtigen ist ferner, ob der Versuch einer innerbetrieblichen Klärung erfolgt ist und ob der Arbeitnehmer bereits bei der Erstattung der Anzeige wusste, dass der erhobene Vorwurf nicht zutrifft oder dies jedenfalls leicht erkennen konnte oder ob er einen unverhältnismäßigen Gebrauch von seinem Recht machte (Bundesarbeitsgericht 27.9.2012 – 2 AZR 646/11, Rn. 37). Soweit nicht wissentlich unwahre oder leichtfertig falsche Angaben gemacht werden, darf die Wahrnehmung staatsbürgerlicher Rechte im Strafverfahren im Regelfall aus rechtsstaatlichen Gründen nicht dazu führen, daraus einen Grund für eine fristlose Kündigung abzuleiten (Bundesverfassungsgericht 2.7.2001 -1 BvR 2049/00, Rn. 20).

Keine unverhältnismäßige Reaktion

Die Erstattung der Strafanzeige darf keine unverhältnismäßige Reaktion auf das Verhalten des Arbeitgebers oder eines seiner Repräsentanten sein. Verhältnismäßig ist eine Strafanzeige des Arbeitnehmers jedenfalls immer dann, wenn der Arbeitnehmer mit seiner Anzeige auf die Strafanzeige des Arbeitgebers reagiert.

Erstattet der Arbeitgeber zum Beispiel gegen eine Arbeitnehmer Anzeige wegen Erpressung, Beleidigung, Körperverletzung oder Unterschlagung kann der Arbeitnehmer darauf mit einer Anzeige wegen falscher Verdächtigung reagieren. Wenn also der Arbeitgeber seinerseits die Strafermittlungsbehörden gegenüber dem Arbeitnehmer einschaltet, stellt es keine unverhältnismäßige Reaktion dar, wenn auch der Arbeitnehmer das Verhalten des Arbeitgebers staatsanwaltschaftlich überprüfen lässt, sofern er keine bewusst wahrheitswidrigen oder leichtfertig unzutreffenden Tatsachenangaben macht.

In solchen oder ähnlich gelagerten Fällen kann eine fristlose Kündigung nicht wirksam ausgesprochen werden. Arbeitnehmer und Arbeitgeber treffen sich dann beim Staatsanwalt wieder. Angenehme Arbeitsatmosphäre geht anders.

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