Fassaden-Elemente aus Metall montiert: keine SOKA-Beitragspflicht

Beitragsforderung wegen Montage von Fassaden-Elemente

Fast 80.000 Euro forderte die SOKA-Bau (Sozialkasse der Bauwirtschaft) von einem polnischen Unternehmen der Metallindustrie als Beitragsnachzahlung. Mit Zinsen ergaben sich mehr als 100.000 Euro. Es ging um die Montage von Fassaden-Elemente und deren Unterkonstruktion aus Metall.

Das Unternehmen wehrte sich erfolgreich. Das Bundesarbeitsgericht entschied gegen die Sozialkasse. Das Urteil zeigt, wie eine scheinbar klar gegebene SOKA-Bau-Beitragspflicht in bestimmten Fällen mit einer einfachen Maßnahme wie dem Beitritt zu einem Arbeitgeberverband rechtlich wirksam ausgehebelt werden kann.

VTV oder Metall-Tarifvertrag, SOKA-Beitragspflicht oder nicht?

Das Unternehmen hatte neun Monate lang auf zwei Baustellen in Nordrhein-Westfalen mit 80 Arbeitern große Fassadenbauteile samt Unterkonstruktionen aus Edelstrahl montiert. Die industriell vorgefertigten, von Dritten produzierten Fassaden- und Metallelemente wurden mit Hilfe von Bühnen und Kränen angebracht.

Fassadenbauarbeiten gehören zu den Tätigkeiten, die nach dem einschlägigen Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewebe (VTV) beitragspflichtig sind. Andererseits bestimmte die ministerielle Allgemeinverbindlicherklärung dieses Tarifvertrags, dass Unternehmen aus der Beitragspflicht zur SOKA-Bau herausfallen, wenn für sie die Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie galten.

Das polnische Unternehmen war in Deutschland dem Verband der Metall- und Elektroindustrie beigetreten und unterlag deshalb grundsätzlich nicht der Beitragspflicht zur Sozialkasse des Baugewerbes. Umfasst ein insgesamt baufremdes Unternehmen jedoch eine selbstständige Bau-Betriebsabteilung, dann besteht für diese bzw. deren gewerbliche Arbeiternehmer doch wieder SOKA-Beitragspflicht. Genau das war ein Hauptargument der Sozialkasse.

Argumente der SOKA-Bau

Die SOKA-Bau argumentierte, dass die auf den Baustellen eingesetzten Monteure eine selbstständige, bauliche Betriebsabteilung des Metall-Unternehmens gebildet hätten. Außerdem sei die Arbeitsweise der Fassaden-Monteure handwerklich und nicht industriell gewesen. Das beklagte Unternehmen stufte seine Arbeit dagegen als „hoch arbeitsteilige industrielle Akkord-Hochbaumontage“ ein.

Zwischensieg für die Sozialkasse

Die erste Instanz, das Arbeitsgericht Wiesbaden (am Sitz der SOKA-Bau), gab dem polnischen Unternehmen recht. Die SOKA legte Berufung ein und hatte damit vor dem Hessischen Landesarbeitsgericht in Frankfurt am Main Erfolg. Doch das Verfahren ging weiter, denn das Metallunternehmen ging in Revision beim Bundesarbeitsgericht in Erfurt. Und dieses entschied, als oberste Instanz, gegen die Sozialkasse.

Was sprach gegen die Beitragspflicht zur SOKA-Bau?

Auf den ersten Blick mutet es überraschend an, dass die Richter am Bundesarbeitsgericht gegen die SOKA-Bau und ihre Ansprüche entschieden. Die Urteilsbegründung führt diverse Umstände auf, die eigentlich für eine Beitragspflicht sprechen.

So waren die auf den Baustellen in Nordrhein-Westfalen beschäftigten Arbeiter tatsächlich eine Gesamtheit, d. h. eine selbstständige Betriebsabteilung im Sinne des VTV. Außerdem fielen die von ihnen ausgeführten Fassadenbauarbeiten unter die beitragspflichtigen Tätigkeiten gemäß diesem Tarifvertrag. Das BAG stufte die Montage der Metall-Unterkonstruktion sowie das Anbringen der metallenen Fassadenelemente selbst als baugewerblich ein, auch wenn die Arbeitsweise industriell gewesen sei.

Trotzdem, und das war der entscheidende Punkt, war für die BAG-Richter klar, dass diese Arbeiten als Schlosserei und Stahl-und Leichtmetallbau unter den Geltungsbereich der Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie fielen. Beim Montieren der Unterkonstruktionen habe es sich um das „Verbinden von Stahlträgern durch Verschrauben, Verschweißen oder Nieten zu einem Tragwerk“ gehandelt, das sei dem Stahlbau zuzuordnen. Das nachfolgende Einpassen und Montieren der einzelnen Fassadenbauteile auf der Unterkonstruktion sei zur Schlosserei zu rechnen, obwohl die Fassadenelemente selbst höchstens teilweise aus Metall bestanden. Fassadenelemente würden nicht nur von (baulichen) Betrieben für Fassadenbauarbeiten montiert, sondern auch durch Konstruktionsmechaniker aus der Metallindustrie.

Strategische Entscheidung

So war es letztlich die Mitgliedschaft im Metall-Arbeitgeberverband und die daraus folgende Tarifpflicht, die das polnische Unternehmen vor der sechsstelligen Beitragsforderung der SOKA-Bau bewahrte. Aus dem Urteil des BAG folgt ganz klar, dass allein aus der Tatsache, dass Arbeiter auf einer Baustelle arbeiten, noch lange nicht die Beitragspflicht zur Sozialkasse folgt.

Die Zugehörigkeit zu einem Branchen- oder Innungsverband kann in vielen Fällen SOKA-Beiträge verhindern. Ein Allheilmittel ist das allerdings nicht. Entscheidend sind stets die konkreten Gegebenheiten. Die Situation muss also genau analysiert werden. Schließlich ist die Mitgliedschaft in einer Innung oder einem Arbeitgeberverband mit Kosten und Pflichten verbunden. Das optimale Vorgehen lässt sich nur in enger Abstimmung mit einem Rechtsanwalt für das Recht der tariflichen Sozialkassen ausloten.

Das in diesem Beitrag verwendete Foto „Fassaden-Elemente“ stammt von Pixabay © MichaelGaida. Herzlichen Dank!