Kunsthandwerker oder Künstler und damit freiberuflich? Oder doch Handwerker und damit Gewerbe?

Kunsthandwerker beziehungsweise Künstler als Freiberufler? Oder Handwerker und damit Gewerbetreibender?
Die Abgrenzung von …

  • freiberuflichem Kunstgewerbe, Kunsthandwerk oder Künstlertätigkeiten einerseits von
  • Handwerk beziehungsweise Gewerbe auf der anderen Seite

… ist nicht gerade trivial. Einfache, allgemeingültige Kriterien dafür gibt es leider nicht. Wie so oft in unserem Rechtssystem bleibt nur die genaue Analyse des Einzelfalls.

Ein Hinweis: In diesem Beitrag befassen wir uns mit der steuerrechtlichen Seite – und damit im Kern mit der Abgrenzung von Freiberuflern gegenüber Gewerbetreibenden.
Die Unterscheidung „Handwerk oder Kunst“ kann jedoch auch für die Beitragspflicht zu einer Sozialkasse (SOKA) wichtig werden, wie in diesem Fall eines Restaurators. Außerdem spielt sie gewerberechtlich eine Rolle, wenn eine Tätigkeit künstlerisch ist und deshalb die Anforderungen an einen Handwerksbetrieb nicht gelten.

Freiberufler oder Gewerbe?

Zuständig für die Einordung als Freiberufler ist das Finanzamt. Es geht um mehr als eine Formalität: Wer seine Einkünfte aus einem Gewerbebetrieb erzielt, muss neben der Einkommensteuer grundsätzlich auch Gewerbesteuer bezahlen. Können Sie dagegen stichhaltig begründen, dass Sie – beispielswese als Künstler oder Kunsthandwerker – Freiberufler sind, müssen Sie sich um die Gewerbesteuer keine Gedanken machen.

Wann handelt es sich um eine freiberufliche Tätigkeit?

Bestimmte selbstständig ausgeübte Berufe benennt das Gesetz (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG), darunter Journalisten, Ärzte, Steuerberater und Rechtsanwälte, aber auch Architekten und Ingenieure. Dabei gilt: Wenn für den Beruf eine bestimmte Ausbildung gesetzlich vorgeschrieben ist, übt jemand diesen Beruf nur dann aus, wenn er zum Führen der Berufsbezeichnung berechtigt ist. Soll heißen: Wer sein Ingenieurstudium nicht abgeschlossen hat, darf die Berufsbezeichnung „Ingenieur“ nicht führen, und kann deshalb auch aus Sicht des Finanzamts kein freiberuflicher Ingenieur sein.

Freiberuflich sind außerdem Berufe, die den im Gesetz genannten Katalogberufen „ähnlich“ sind.

Als Kriterium für Ähnlichkeit gilt die Verbleichbarkeit in wesentlichen Punkten. So etwa in Bezug auf die Ausbildung oder bei der Tätigkeit selbst. Ein Beruf, der ohne staatliche Erlaubnis ausgeübt werden darf, etwa technischer Zeichner, kann dem Katalogberuf Architekt nicht ähnlich sein, der eine staatliche Erlaubnis erfordert.

Was gilt als Kunst?

Regelmäßig müssen Finanzgerichte entscheiden, ob es sich bei einer bestimmten Tätigkeit um Kunst und damit den freien Beruf des Künstlers handelt. Einen allgemeinverbindlichen Kunstbegriff gibt es jedoch nicht – nur Einzelfallentscheidungen, die sich mit der Frage „Kunst oder nicht?“ beschäftigt haben.

Der Bundesfinanzhof betrachtet eine Arbeit als Kunst, wenn sie „dem Gesamtbild nach eigenschöpferisch“ ist und zusätzlich zur Beherrschung der Technik eine gewisse künstlerische Gestaltunghöhe aufweist. Es kommt, wie so oft, auf die Umstände des Einzelfalls an.

Kunst, Kunstgewerbe und Kunsthandwerker

Die Rechtsprechung trifft noch eine weitere Unterscheidung: zwischen der freien Kunst einerseits und dem Kunstgewerbe und Kunsthandwerker andererseits.

  • Freie Kunst ist dadurch geprägt, dass sie keinen Gebrauchszweck hat, sie dient allein ästhetischen Zwecken. Der künstlerische Wert ist zweitrangig: Der Verkauf solcher Werke führt zu Einkünften aus künstlerischer Tätigkeit. Das gilt übrigens selbst dann, wenn sie ohne „künstlerischen Belang“ sein sollten.
  • Bei Kunstgewerbe und Kunsthandwerk handelt es sich dagegen um „zweckgebundene Gebrauchskunst“ von „praktischer Nützlichkeit“. Die Einordnung ist also eine Gratwanderung zwischen Kunst und Gewerbe. Es kann daher nur im Einzelfall entschieden werden, ob es sich um eine künstlerische Tätigkeit im steuerrechtlichen Sinn und damit um einen freien Beruf handelt.

Zwei Beispiele aus der Praxis

Um es klar zu betonen. Man kann deshalb die folgenden Beispiele nicht verallgemeinern, denn es gibt keine einfachen Daumenregeln für die gerade genannten Abgrenzungen. Sie zeigen jedoch, dass Gegenwehr gegen die Einordnung durch das Finanzamt durchaus zum Erfolg führen kann:

  • Der Bundesfinanzhof entschied, dass die Tätigkeit eines an der Hochschule ausgebildeten Restaurators künstlerisch und nicht handwerklich ist, wenn die von ihm restaurierten Kunstwerke derart beschädigt sind, dass bei der Wiederherstellung eine eigenschöpferische Leistung des Restaurators notwendig wird.
  • Eine Visagistin, die ohne konkrete Weisungen bezüglich Schmink- und Frisierstylings Models für Fotoaufnahmen vorbereitete, kann nach einer Entscheidung des FG Hamburg dann künstlerisch sein, wenn bei ihrer Arbeit ein ausreichender Spielraum für eine gestalterische Arbeit verbleibt und diese Arbeiten über die Beherrschung der Technik hinaus eine eigenschöpferische Leistung von einer gewissen Gestaltungshöhe darstellen.

„Und was gilt nun für uns?“

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