Wenn ein Zwangsverwalter einen Betrieb übernimmt und/oder weiterführt liegt ein Betriebsübergang vor

Der Fall:   Der Beklagte wurde zum Zwangsverwalter über ein Grundstück der Firma A bestellt. Die Firma A hatte hierbei einen Pachtvertrag mit der Firma B, die ein Hotel auf diesem Grundstück betrieb.
Nachdem die Firma B die entsprechenden Pachtzinszahlungen nicht mehr erbringen konnte, kündigte der Beklagte, in seiner Funktion als Zwangsverwalter, den Pachtvertrag und begehrte zugleich die Herausgabe der Immobilie also auch des Hotelbetriebs. Ihm wurde durch das zuständige Amtsgericht gestattet, den Hotelbetrieb fortzuführen. Der Beklagte führte daraufhin den Hotelbetrieb fort und übernahm sämtliche Mitarbeiter, mit Ausnahme der Klägerin, der er gekündigt hatte.

Im anschließenden Kündigungsschutzprozess trug der Beklagte vor, dass ein Betriebsübergang gemäß § 613 a BGB nicht vorliege, da das im Gesetz vorgeschriebene „Rechtsgeschäft“ nicht vorgelegen habe. Demnach sei die Kündigung der Klägerin auch nicht gemäß § 613a Abs. 4 BGB unwirksam.

Das Bundesarbeitsgericht führte allerdings hierzu aus, dass die Voraussetzungen des § 613 a BGB gegeben sind. Zunächst wird festgehalten, dass es im Rahmen der Gesamtwürdigung entscheidend darauf ankommt, dass der Beklagte die Betriebsmittel, wie Gebäude und Einrichtungsgegenstände, die entscheidend für den Betrieb eines Hotels sind, weiterhin nutzt. Hierzu gehört auch der Firmenname. Die Übernahme der Mitarbeiter tritt dabei zurück, da diese nicht, so das Bundesarbeitsgericht, von ausschlaggebender Bedeutung ist.

Das Argument des Beklagten, dass hier kein Rechtsgeschäft vorliege, ließ das Gericht nicht gelten, Der Hotelbetrieb fiel durch die Kündigung des Pachtvertrages an den Verpächter zurück. Nach dem Wortlaut des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB erfasst die Norm zwar nur den Übergang „durch Rechtsgeschäft“. Das Tatbestandsmerkmal des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB „durch Rechtsgeschäft“ ist aber weit auszulegen. Der Begriff „Rechtsgeschäft“ erfasst alle Fälle einer Fortführung der wirtschaftlichen Einheit im Rahmen vertraglicher und sonstiger rechtsgeschäftlicher Beziehungen, ohne dass unmittelbar Vertragsbeziehungen zwischen dem bisherigen Inhaber und dem Erwerber bestehen müssen.

Im vorliegenden Fall führte der Beklagte den Betrieb u.a. aufgrund der Kündigung des Pachtvertrages weiter. Darin ist somit insgesamt ein Betriebsübergang zu sehen.

Die Klägerin ist daher zu Unrecht gekündigt worden und hat einen Anspruch darauf vom Beklagten weiterbeschäftigt zu werden.

Auch in vergleichbaren Fällen wird sich also Jemand, der ohne ein „klassisches“ Rechtsgeschäft, insbesondere also durch Kauf, ein Betrieb übernimmt, darauf berufen können, dass die Übernahme nicht aufgrund eines Rechtsgeschäfts erfolgt ist und deshalb kein Betriebsübergang vorliegt.

Entscheidung des BAG vom 18.08.2011, Az.: 8 AZR 230/10