Wenn SOKA-Beitragspflicht, dann Erstattungsanspruch – auch als Zeitarbeitsfirma

Rechtsauffassung der Sozialkasse: Beiträge zahlen ja, Erstattungsanspruch nein

Die tarifliche Sozialkasse der Bauwirtschaft, kurz SOKA-Bau, hat oft besondere Auffassungen von der Rechtslage. Das bekam ein Zeitarbeitsunternehmen zu spüren, das einen Arbeitnehmer für bauliche Tätigkeiten verliehen hatte. Daraufhin forderte die SOKA-Bau zwar Beiträge für die Zeit der Überlassung. Sie mauerte jedoch, als das Verleihunternehmen im Gegenzug das Urlaubsentgelt erstattet haben wollte, das es dem Arbeiter in dieser Zeit bezahlt hatte.

Die Sozialkasse fand, dass ihr zwar die Beiträge zur Urlaubs- und Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft (ULAK) zustanden. Die ULAK – Urlaubskasse ist ein zentraler Teil der SOKA-Bau. Einen Anspruch auf Erstattung des für Urlaubstage bezahlten Lohns gestand sie dem Verleiher jedoch nicht zu. Dabei ist es geradezu die Kernfunktion der Urlaubskasse, Arbeitgebern solche Erstattungen zu zahlen, im Gegenzug zu den Beiträgen, die diese Monat für Monat abführen müssen.

Mit dem Prinzip „Nehmen, ohne zu geben“ kam die SOKA vor Gericht nicht durch. Betriebe einschließlich von Personaldienstleistern, die Beiträge an die Sozialkasse zahlen müssen, haben Anspruch auf Erstattung des Urlaubsentgelts. Das entschied das Bundesarbeitsgericht.

Arbeitnehmerüberlassung für Bauarbeiten

Zeitarbeitsfirmen dürfen keine Arbeiter an Bauunternehmen verleihen. Im Bauhauptgewerbe ist die Arbeitnehmerüberlassung gesetzlich untersagt. Dort ist nur die sogenannte Kollegenhilfe gestattet, bei der ein Baubetrieb einem anderen Mitarbeiter überlässt, ohne daraus sein Geschäftsfeld zu machen. (Mehr dazu steht im Beitrag „Arbeitnehmerüberlassung zwischen Baubetrieben“.)

Das bedeutet aber keineswegs, dass Verleihunternehmen ihren Kunden generell keine Arbeitnehmer für Bautätigkeiten überlassen dürfen. Das ist erlaubt, solange der Entleiher selbst kein Baubetrieb ist. So war es auch in dem Fall, über den das BAG zu entscheiden hatte: Ein Unternehmen, das nicht im Bausektor tätig war, hatte von einem Personaldienstleister einen Arbeitnehmer für Tiefbauarbeiten entliehen. Der Mann arbeitete dort ein halbes Jahr. Er machte in der Zeit auch Urlaub, so dass das Verleihunternehmen ihm Urlaubsentgelt zahlte. Weil der Personaldienstleister für die Einsatzmonate keine Beiträge an die SOKA-Bau abführte, wurde er von ihr verklagt.

Die SOKA-Beitragspflicht eines Verleihers führt zu Erstattungsanspruch

Wenn Leiharbeitnehmer beim Entleiher Arbeiten durchführen, die unter den Tarifvertrag über das Sozialkassenwesen in der Bauwirtschaft (VTV) fallen, dann muss der Verleiher für diese Mitarbeiter SOKA-Beiträge bezahlen. Das gilt selbst dann, wenn der Entleihbetrieb nicht unter diesen Tarifvertrag fällt. (Voraussetzung: die SOKA-Bau kann nachweisen, dass Bauarbeiten durchgeführt wurden.)

Diese Rechtslage ergibt sich aus dem Arbeitnehmerentsendegesetz (§ 8 Abs. 3 AentG, dass der Fall sich auf eine alte Fassung des Paragrafen bezog, macht keinen Unterschied). Die Regel soll verhindern, dass Unternehmen durch den Einsatz von Leiharbeitnehmern die Sozialkassenpflicht unterlaufen können.

Folgerichtig stand die Beitragspflicht der Zeitarbeitsfirma weder für das Arbeitsgericht Wiesbaden noch für das Landesarbeitsgericht Hessen als zweiter Instanz oder für das Bundesarbeitsgericht in Zweifel.

Unterschiedliche Entscheidungen gab es jedoch zu der Widerklage des Verleihunternehmens. Die Zeitarbeitsfirma wollte gerichtlich festgestellt haben, dass die Beitragspflicht, sollte sie bestehen, umgekehrt auch zu Ansprüchen des Verleihers gegenüber der Sozialkasse führen würde: Erstattungsanspruch aus Urlaubsvergütung. Das hatte das Arbeitsgericht in erster Instanz anders gesehen. Das Landesarbeitsgericht und das Bundesarbeitsgericht gaben in diesem Punkt jedoch dem Personaldienstleister recht. Zitat aus der Urteilsbegründung des BAG: „Der Sinn und Zweck des § 8 Abs. 3 AEntG aF spricht eindeutig dafür, dass neben Beitragspflichten auch Erstattungsansprüche für Leiharbeitgeber begründet werden, die Arbeitnehmer für bauliche Tätigkeiten an Entleiher überlassen, die keinen Baubetrieb unterhalten.

Außerdem definierte das BAG die Urlaubsvergütungs-Erstattung des Urlaubsentgelts und Urlaubsgelds als eine Leistung der Sozialkasse an den Leiharbeitnehmer, selbst wenn diese über den Arbeitgeber abwickelt werde. Dieser Gesichtspunkt ist interessant. Er könnte für weitere Erstattungsklagen gegen die SOKA-Bau wichtige Argumente liefern.

Streit um Erstattungsanspruch gegenüber der SOKA-Bau? Fachanwalt Dr. Meides hilft

Rechtsanwalt Dr. Meides ist Fachanwalt für Arbeitsrecht. Er hilft seit vielen Jahren Unternehmen bei Konflikten mit den tariflichen Sozialkassen. Daneben befasst sich seine Kanzlei mit weiteren komplexen arbeitsrechtlichen Themen wie Zeitarbeit und Arbeitnehmerüberlassung.

Sie erreichen die MEIDES Rechtsanwaltsgesellschaft unter MEIDES Rechtsanwälte Frankfurt.

Das in diesem Beitrag verwendete Foto stammt von pixabay © Cabanik. Herzlichen Dank!