Angeschlossener Betrieb – SOKA-Beitragspflicht

SOKA-Beitragspflicht? Eine Werkstatt wähnt sich in Sicherheit …

Eine Werkstatt für Baumaschinen in Sachsen erhält im Jahr 2006, ein Jahr nach ihrer Gründung, eine Art „Persilschein“ von der tariflichen Sozialkasse des Baugewerbes (SOKA-Bau). Die ZVK, die Zusatzversorgungskasse der SOKA, bescheinigt als Einzugsstelle dem Betrieb auf Grundlage von Geschäftsunterlagen, dass er nach Aktenlage nicht beitragspflichtig ist.

Die Bundesagentur für Arbeit will zwar Winterbeschäftigungs-Umlage von der Werkstatt, doch auch das kann der Betrieb abwenden: Er geht vor dem Sozialgericht erfolgreich gegen diese Forderungen vor. Damit scheint festzustehen: Der Werkstatt-Betrieb ist kein Baubetrieb im Sinne des allgemeinverbindlichen Sozialkassentarifvertrags VTV. Deshalb führt er für seine Mitarbeiter keine SOKA-Beiträge ab.

 … und dann kommt doch ein Beitragsbescheid der SOKA-Bau

2014 erhebt die SOKA-Bau plötzlich doch Beitragsforderungen gegen die Werkstatt. Dabei geht es um das Beitragsjahr 2010. Zu dieser Zeit bildet der Werkstattbetrieb zusammen mit drei anderen Unternehmen einen Firmenverbund, der auch auf Gesellschafter- und Geschäftsführer-Ebene miteinander verschränkt ist. Trotzdem ist die Aufgabenteilung klar: Die anderen drei Betriebe sind klar baulich. Sie erstellen Kabel- und Rohrleitungsnetzwerke, sind auf grabenlose Bohrungen für Rohre spezialisiert und im Trinkwasser-, Gas- und Spezialleitungsbau tätig. Die Werkstatt repariert dagegen Baugeräte und –maschinen.

Die SOKA-Bau wittert ihre Chance auf Beiträge aufgrund einer Bestimmung im Tarifvertrag (§ 1 Abs. 2 Abschn. IV Nr. 4 VTV). Dort heißt es: „Erfasst werden auch solche Betriebe, die im Rahmen eines mit einem oder mehreren Betrieben des Baugewerbes bestehenden Zusammenschlusses – unbeschadet der gewählten Rechtsform – für die angeschlossenen Betriebe des Baugewerbes entweder ausschließlich oder überwiegend die kaufmännische Verwaltung, den Vertrieb, Planungsarbeiten, Laborarbeiten oder Prüfarbeiten übernehmen oder ausschließlich oder in nicht unerheblichem Umfang (zumindest zu einem Viertel der betrieblichen Arbeitszeit) den Bauhof und/oder die Werkstatt betreiben, soweit diese Betriebe nicht von einem spezielleren Tarifvertrag erfasst werden.“

Eine Werkstatt als „angeschlossener Betrieb“?

Die Werkstatt, so die SOKA, verbrachte 2010 mehr als ein Viertel ihrer Gesamtarbeitszeit mit Reparaturen für den Bohrtechnologie-Betrieb. Wenn auch nur ganz knapp: es ging um 25,078% der Arbeitsstunden. Deshalb sei die Werkstatt als angeschlossener Betrieb beitragspflichtig. Die Werkstatt erhielt einen Beitragsbescheid und sollte Beiträge für drei Arbeitnehmer nachzahlen.

Der Betrieb wehrte sich vor dem Arbeitsgericht, das bei Beitragsforderungen der SOKA zuständig ist. Sie sei kein „angeschlossenen Betrieb“ im Sinne des Tarifvertrags. Sie sei schließlich nicht aus den Baubetrieben abgespalten worden, um Beiträge zu sparen. Dass die Bohr-Firma und die Werkstatt dieselben Gesellschafter hätten und rein unternehmerisch zusammenarbeiteten, reiche nicht aus, um die Werkstatt mit der SOKA-Pflicht zu „infizieren“.

Vor dem Arbeitsgericht Berlin, das für alle SOKA-Klagen gegen Unternehmen in den neuen Bundesländern zuständig ist, hatte das Unternehmen noch Erfolg. Doch das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg entschied in der Berufungsverhandlung zugunsten der Sozialkasse. Und auch das Bundesarbeitsgericht bestätigte in der Revision deren Beitragsansprüche.

Wann droht einem Dienstleister von Baubetrieben die Beitragspflicht zur SOKA-Bau als „angeschlossener Betrieb“?

Was bedeutet das für Betriebe und Unternehmen, die für Bauunternehmen in größerem Umfang

  • als Werkstatt arbeiten,
  • den Bauhof organisieren
  • Planungen ausführen,
  • Labor- und Prüfungstätigkeiten übernehmen,
  • Verwaltungsaufgaben erledigen oder
  • den Vertrieb durchführen?

Vorsicht ist geboten: Für einen Zusammenschluss eines nicht-baulichen Betriebs mit einem Bau-Unternehmen reichen bereits enge geschäftliche Beziehungen:

  • Im Fall von Werkstatt oder Bauhof genügt es, dass ein Viertel der Arbeitszeit des Dienstleisters auf einen SOKA-pflichtigen Kunden aus der Baubranche entfällt! Im Fall der anderen Betriebe (Labore, Planungsbüros etc.) ist die Schwelle erreicht, wenn „überwiegend“ für einen Baubetrieb gearbeitet wird. Hier droht ab 50 Prozent der Arbeitszeit für einen baulichen Kunden akute Beitragsgefahr.
  • Inhaltlich genügt es aus, dass der „angeschlossene“ Betrieb Aufgaben für das Bauunternehmen ausführt, die dieses sonst selbst erledigen müsste, wie die Reparatur der Maschinen oder die Auftragsakquise.
  • Gesellschaftsrechtliche Argumente zählen nicht, denn die Rechtsform ist nicht von Belang. Den Begriff „Zusammenschluss“ will das BAG „sehr weit und untechnisch“ verstehen. Ein bestimmender Einfluss der einen Körperschaft auf die andere ist nicht erforderlich. Im Grunde ist jede Form von dauerhafter Zusammenarbeit zwischen Betrieben erfasst, soweit sich darin eine „größere Wirtschaftseinheit“ sehen lässt und die Arbeitszeitschwelle von 25 bzw. 50 Prozent erreicht wird.
  • Dass die Tätigkeit des angeschlossenen Betriebs nicht baulich sein muss, liegt auf der Hand: Sinn dieser VTV-Klausel ist es ja gerade, die SOKA-Beitragspflicht auf nicht-bauliche Betriebe wie Werkstätten und Verkaufsförderer auszudehnen.
  • Ob die Aufgliederung z. B. in einen Bau- und einen Werkstattbetrieb zur Vermeidung von Beiträgen gedacht war oder nicht, ist ebenfalls völlig irrelevant. Die Betriebe können vielmehr schon immer getrennt gewesen sein, so wie im oben dargestellten Fall.

Fazit: Vorsorgen, bevor die SOKA kommt

Für Dienstleister aller Art, die viel für einen einzigen Kunden aus dem Bausektor tätig sind, besteht das handfeste Risiko, plötzlich SOKA-Bau-Beiträge bezahlen zu müssen. Darum ist Vorsorge sinnvoll – bevor der Beitragsbescheid ins Büro flattert. Es gibt trotz allem Gestaltungsmöglichkeiten, die die Beitragspflicht verhindern. Eine Möglichkeit ist die Geltung eines anderen Tarifvertrags ohne Sozialkassenpflicht.

Sind Sie möglicherweise betroffen? Dann wenden Sie sich am besten direkt an Rechtsanwalt Dr. Meides. Er ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und hat sich seit vielen Jahren auf Sozialkassenrecht spezialisiert. Dr. Meides kann Sie zur Vermeidung möglicher Beitragsforderungen durch kluge Gestaltung beraten. Schreiben Sie einfach eine E-Mail an Meides Rechtsanwälte Frankfurt.

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