Wiedereröffnung nach Corona-Schließung: Betriebsrat muss beteiligt werden

Wenn Arbeitnehmer nach Corona-Schließung an den Arbeitsplatz zurückkehren sollen muss Betriebsrat beteiligt werden

Ewig kann eine pandemiebedingte Schließung der Betriebsstätte oder eine allgemeine Home-Office-Phase nicht dauern. Irgendwann will der Arbeitgeber die Mitarbeiter wieder zurückholen. Doch wenn die Arbeit vor Ort wieder aufgenommen werden soll, muss der Betriebsrat beteiligt werden. Das haben mehrere Arbeitsgerichte entschieden.

Arbeitgeber stellt das Hin und Her zwischen steigenden Infektionszahlen mit Betriebsschließungen, behördlichen Einschränkungen und Home Office einerseits und späteren Lockerungen andererseits vor große Herausforderung. Trotzdem müssen sie dabei an das Betriebsverfassungsrecht denken. Sonst droht auch noch mitbestimmungsrechtlicher Ärger, zusätzlich zu allen anderen Problemen aufgrund der Pandemie.

Covid-19-Schutzmaßnahmen betreffen den Gesundheitsschutz – ein Mitbestimmungsrecht

So gab das Arbeitsgericht Neumünster dem Eilantrag eines Betriebsrats recht. Die Leitung des Unternehmens wollte nach der Corona-Schließung im Frühjahr wieder Arbeitnehmer im Betrieb einsetzen.

Sie hatte jedoch keine Gefährdungsbeurteilung der psychischen Belastung erarbeitet und keine Arbeits- und Gesundheitsschutzmaßnahmen zur Abmilderung der Ansteckungsgefahr durchgeführt. Das wäre angesichts der Infektionsgefahr nötig gewesen. Die Arbeitsrichter erließen eine einstweilige Verfügung: bis zur Einigung über diese Punkte durften keine Einsatzpläne für die Mitarbeiter ausgegeben werden. In der Praxis blieb der Betrieb damit solange geschlossen.

Ähnliche Entscheidungen erließen auch das Arbeitsgericht Stuttgart und das Arbeitsgericht Berlin in vergleichbaren Fällen: Sie bestätigten den Anspruch des Betriebsrats darauf, dass nach Corona-Schließung bei der Rückkehr von Beschäftigten an ihren Arbeitsplatz Gesundheitsschutz und Arbeitszeitregelungen mit ihm abgestimmt werden.

Ebenfalls mitbestimmungspflichtig: Arbeitszeiten und Kurzarbeit

Das Arbeitsgericht Hamm entschied in einem Eilverfahren über einen weiteren, vergleichbaren Fall: In einem Einzelhandelsgeschäft sollte nach Anweisung der Unternehmensleitung nach der ersten Lockdown-Phase mit Kurzarbeit Null wieder gearbeitet werden. Der dreiköpfige Betriebsrat beantragte eine Einstweilige Verfügung beim Arbeitsgericht. Er beanspruchte das Recht, vorher mit der Arbeitgeberseite Verhandlungen zu führen. In denen sollte es um Personaleinsatzpläne und Arbeitszeiten, Kurzarbeitsregelungen und eine Corona-Gefährdungsbeurteilung gehen.

Dem gaben die Arbeitsrichter in Hamm allerdings nur teilweise statt. Sie untersagten den Einsatz von Arbeitnehmern, bis Betriebsrat und Arbeitgeber sich über Arbeitszeiten und Kurzarbeit geeinigt hatten. Dagegen wies das Arbeitsgericht in diesem Fall den Antrag ab, den Betrieb bis zu einer Betriebsvereinbarung zur Corona-Gefährdungsbeurteilung zu schließen.

Vor der Rückkehr an den Arbeitsplatz sollten Arbeitgeber Hygienekonzepte mit dem Betriebsrat abstimmen

Zumindest in der Mehrzahl der Fälle sahen die Arbeitsgerichte allerdings durchaus Ansprüche des Betriebsrats, angesichts der Pandemie bei Gefährdungsbeurteilungen mitzuentscheiden. Dazu kommt, dass eine Rückkehr der Arbeitnehmer nach einer Corona-bedingten Betriebsschließung meist Regelungen zur Arbeitszeit erforderlich macht. Vielleicht muss auch der Umfang von Kurzarbeit angepasst werden. Dann dürfen die Arbeitnehmervertreter in jedem Fall mitentscheiden.

Fazit

  • In jedem Fall sollte der Betrieb eine für die Zeit nach einer Betriebsschließung eine Gefährdungsbeurteilung durchführen und sich dabei mit dem Betriebsrat abstimmen. Ohne angemessene Gefährdungsbeurteilung – und gegebenenfalls einem entsprechenden Gesundheitskonzept – darf nicht gearbeitet werden.
  • Bei der Beurteilung der Gefährdung hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht. Außerdem müssen bei der Rückkehr häufig Arbeitszeit- und Kurzarbeitsfragen geregelt werden, die ebenfalls mitbestimmungspflichtig sind.
  • Arbeitgeber sollten deshalb zumindest prüfen lassen, ob und in welchem Umfang mit dem Betriebsrat verhandelt werden muss, bevor die Arbeitnehmer wieder an ihre Arbeitsplätze zurückkehren.
  • Stimmt der Arbeitgeber sich nicht mit dem Betriebsrat ab, hat dieser gute Chancen, eine einstweilige Verfügung des Arbeitsgerichts gegen die Wiedereröffnung zu erreichen.

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