Beitragspflicht zur SOKA-Bau für Bankettfräsen an Straßen und Wegen?

Betreibt ein Unternehmen „Straßenbau“, wenn es zur laufenden Straßenpflege Schmutz und Wildwuchs von den unbefestigten Banketten am Straßenrand abträgt? Muss es deshalb Beiträge an die SOKA-Bau bezahlen, die Sozialkasse des Baugewerbes? Um diese Frage geht es in einem Rechtsstreit, der schon zwei Instanzen durchlaufen hat und nun am Bundesarbeitsgericht in Erfurt auf seine Entscheidung wartet. Für manche Betriebe, die im kommunalen Auftrag Bankettfräsen ausführen, kann die Antwort über ihre Existenz entscheiden. Nachzahlungsforderungen der SOKA-Bau summieren sich schnell auf sechsstellige Summen.

Straßenpflege durch Bankettfräsen: Freie Seitenstreifen statt Wildwuchs am Straßenrand

Schmelz- und Regenwasser muss von asphaltierten Wegen und Straßen möglichst ungehindert auf den unbefestigten Seitenstreifen ablaufen und dort versickern können. Staut es sich stattdessen in langgezogenen Pfützen am Rand der Asphaltdecke, entsteht ein Sicherheitsproblem. Außerdem kann durch das Wasser der Straßenbelag bzw. dessen Unterbau instabil werden, im Winter lässt gefrierende Nässe die Straßendecke aufspringen.

Damit der Wasserablauf funktioniert, dürfen die Bankette neben der Fahrbahn nicht von Pflanzen überwuchert werden und sich dort keine Erde, Split oder anderes Material aufhäufen. Zur Straßenpflege werden deshalb die unbefestigten Weg- und Straßenränder regelmäßig abgefräst. Dabei trägt eine Spezialmaschine den Bewuchs, Split oder lose Erde bis auf das gewünschte Niveau ab. Das abgefräste Material wird an der straßenabgewandten Seite des Streifens deponiert oder zum Abtransport direkt auf Lastwagen verladen.

Das Bankettfräsen, auch Bankettschälen oder Bankettabtragen genannt, setzt spezielle Bankettfräsen ein, die die Aufgabe meist in einem Arbeitsgang erledigen und dabei mit einem zusätzlichen Kehrbesen gleich die Fahrbahn reinigen. Sie kommen auch mit vorhandenen Schutzplanken, Leitpfosten, geneigten Banketten und ähnlichen Herausforderungen zurecht.

Die SOKA-Bau sagt: Bankettpflege? Straßenbau, beitragspflichtig!

Ein Bauingenieur hatte ein Unternehmen gegründet, das sich auf Bankettpflege spezialisierte und dafür vier Bankettfräsen einsetzte, die später in der Urteilsbegründung genau aufgeführt wurden: „zwei rechts- und eine linksausbauende Bankettfräse Typ Dücker SBF 800 sowie eine rechtsausbauende Bankettfräse für den Einsatz auf Radwegen“.

Als zweites Standbein führte das Unternehmen Baumpflegearbeiten aus. Nach einigen Jahren trat es dem örtlichen Verband „Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau“ bei. Die Baumpflege umfasste etwa 40 Prozent, das Bankettfräsen 60 Prozent der Gesamtarbeitszeit

Nach einigen Jahren meldete sich die SOKA-Bau. Sie verlangte Beitragsnachzahlungen für fünf Arbeitskräfte, und das für insgesamt fünf Jahre: So kamen Forderungen von insgesamt rund 180.000 Euro zusammen. Das Unternehmen bestritt deren Berechtigung. Die SOKA-Bau schickte erst einen Mahnbescheid, dann klagte sie.

Arbeitsgericht: Bankettpflege ist GaLa-Bau

Vor dem Arbeitsgericht Wiesbaden argumentierte die Sozialkasse, das Bankettfräsen sei eine baugewerbliche Tätigkeit des Straßen- und Wegebaus. Es handle sich um Maßnahmen zur Instandhaltung der Straße. Das Bankett stelle einen wesentlichen Teil der Straße dar und sei für deren Funktionalität unverzichtbar.

Das Unternehmen sah seine Arbeit dagegen als rein pflegerische Maßnahme, die zum Garten- und Landschaftsbau gehöre, vergleichbar mit dem Rückschneiden von Ästen und Sträuchern. Es wies darauf hin, dass die Bankette selbst durch die Fräsarbeiten gar nicht unmittelbar betroffen seien, da sie nur freigelegt würden.

Dem schloss sich auch das Gericht an. Es urteilte, beim Fräsen handle es weder um Straßenbau noch um Tiefbau. Es fänden weder Drainagearbeiten noch Erdbewegungen statt. Beim Bankettfräsen gehe es auch nicht um die Instandsetzung eines Bauwerkes. Es sei vielmehr mit dem Rückschnitt von Sträuchern oder dem Fällen eines Baumes vergleichbar, als typische Tätigkeit des Garten- und Landschaftsbaus.

Das Landesarbeitsgericht gibt der Sozialkasse recht

Die SOKA-Bau legte gegen das Urteil Berufung beim Landesarbeitsgericht Hessen ein. Sie begründete ihren Antrag damit, dass die Fräsarbeiten Straßenarbeiten zur Erhaltung der Entwässerungsfunktion und zum Wiederherstellen der Gräben als Vorfluter darstellten. Die dafür eingesetzten Bankettfräsen seien baulich geprägte Spezialmaschinen. Durch die Bankettfräsarbeiten würden zudem Erdbewegungen erfolgen, in der Regel würden dabei Gräben gezogen oder zumindest instandgehalten. Selbst die Tatsache, dass der Geschäftsführer des Unternehmens Bauingenieur mit Fachrichtung Verkehrswesen war, wurde als Argument für die Baulichkeit angeführt.

Dagegen verwahrte sich das verklagte Unternehmen. Nicht jede Arbeit zur Gewährleistung der Funktionalität der Straße sei eine Bautätigkeit, sonst müsse das ja auch für den Baum- und Strauchschnitt an Straßen sowie für das Schneeräumen gelten.

Trotzdem sprach das Landesarbeitsgericht der SOKA die geforderten Beiträge zu einem großen Teil zu. Allerdings stellte es in seiner Urteilsbegründung eine Behauptung richtig. Bankettfräsen ziehen keine Straßengräben oder führen keine Erdbewegungen durch. Für die Richter handelte es sich beim Fräsen jedoch trotzdem um Straßenbauarbeiten, weil dadurch der Zweck des Banketts wiederhergestellt werde.

Immerhin verweigerten die Richter des LAG der SOKA-Bau zumindest einen Teil ihrer Forderung: Für das letzte Beitragsjahr, um das sich die Klage drehte, könne sie keine Beiträge beanspruchen. In diesem Jahr war der Betrieb Mitglied im Bundesverband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau e.V. Dessen Mitglieder sind grundsätzlich nicht beitragspflichtig zur SOKA-Bau.

Fazit: Nicht einfach klein beigeben, sondern die Rechtslage sondieren

Ob die Richter am Bundesarbeitsgericht sich dem Urteil der ersten oder dem der zweiten Instanz anschließen werden und ob der Betrieb am Ende Beiträge zahlen muss, das lässt sich im Moment noch nicht sagen. Aber selbst das eher negative Urteil des Landesarbeitsgericht reduzierte die Beitragspflicht des Betriebs um ein Jahr, aufgrund der Zugehörigkeit zum Branchenverband.

Das macht deutlich, dass Beitragsforderungen der SOKA-Bau längst nicht immer einer rechtlichen Prüfung stand halten. In manchen Fällen kann auch der Eintritt in einen Innungs- oder Branchenverband die Beitragspflicht verhindern. Ein guter Grund, die Frage der Sozialkassenpflicht mit einem auf tarifliche Sozialkassenverfahren spezialisierten Rechtsanwalt zu besprechen.

Das in diesem Beitrag verwendete Foto “Bankettfräse“ stammt von © Dücker GmbH & Co. KG, Stadtlohn. Herzlichen Dank!