Gussasphaltkocher sind „Baumaschinen“ – trotzdem keine Beiträge zur SOKA-Bau

Soka-Bau-Beitragspflicht für Gussaspaltkocher?

Grundsätzlich gehört der Einsatz von Baumaschinen zu den Tätigkeiten, für die ein Betrieb Beiträge zur Sozialkasse des Baugewerbes, der SOKA-Bau, zahlen muss. Trotzdem sind deren Beitragsforderungen längst nicht in jedem Fall berechtigt, selbst wenn Baumaschinen eingesetzt werden. So z.B. Gussasphaltkocher.

Betriebe sollten in jedem Fall die Rechtslage prüfen lassen, bevor sie der SOKA-Bau Geld überweisen (oder eine Selbstauskunft geben).
Warum, das zeigt der Fall eines Unternehmens, dass Gussasphalt für den Tiefbau anlieferte. Es zog vor Gericht, als die SOKA-Bau auf ihren Forderungen bestand – und bekam Recht.

Die SOKA-Bau fordert Beiträge oder Auskunft? Ein Fall für den Anwalt!

Betriebe des Baugewerbes müssen für ihre Arbeitnehmer nicht nur die normalen Sozialversicherungsbeiträge an die gesetzlichen Träger der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung tragen. Dazu kommt in der Regel auch die Beitragspflicht zur SOKA-Bau als tariflicher Sozialkasse.
Allerdings hängt es immer vom konkreten Einzelfall ab, ob die Beiträge wirklich berechtigt sind. Ausschlaggebend ist der Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV). Dessen Regelungen sind ausgesprochen komplex. In vielen Fällen führt juristische Gegenwehr gegen eine behauptete Soka-Bau-Pflicht zum Erfolg – und spart dem betroffenen Arbeitgeber große Summen.

Gussasphaltkocher ruft die SOKA-Bau auf den Plan

Ein Beispiel lieferte ein kleinerer hessischer Gewerbebetrieb des gewerblichen Güterkraftverkehrs. Er transportierte hauptsächlich Gussasphalt von den Asphaltmischanlagen der Asphalthersteller zu Baustellen des Straßenbaus und des sonstigen Tiefbaus.
Auf längeren Strecken werden dafür in der Regel Gussasphaltkocher eingesetzt. Das sind Spezialtransporter oder -anhänger mit Rührwerk und thermostatgesteuerter Heizung. Die Kocher erhalten den Asphalt verarbeitbar. Wenn die Temperatur der Asphaltmischung unter den erforderlichen Wert von ca. 220 bis 235 ° Celsius sinkt, die Asphaltbestandteile sich entmischen oder beispielsweise das Trennmittel oxydiert, kann die Masse nicht mehr verwendet werden.
Auch sonst ist der Transport von Asphalt auf Abruf vom Mischwerk zur Baustelle aus logistischer Sicht eine Herausforderung: Beim Beladen wie beim Entladen müssen unbedingt Sicherheitsvorschriften beachtet werden. Fahrer von Gussasphaltkochern müssen zudem bei jeder Lieferung die Verkehrsverhältnisse, das Arbeitstempo auf der Baustelle und deren Zufahrtsmöglichkeiten beachten.

Die Sozialkasse des Baugewerbes klagt – ohne Erfolg

Für die 23 gewerblichen Arbeitnehmer dieses Betriebs forderte die SOKA-Bau Beitragsnachzahlungen in Höhe von mehr als 100.000 Euro. Das lehnte das Transportunternehmen ab. Es sah sich nicht als Betrieb, der baugewerbliche Arbeiten ausführt.
Die SOKA-Bau ordnete die Tätigkeit dagegen als „Vermietung von Baumaschinen mit Bedienpersonal“ und damit als beitragspflichtig ein, auch wenn die Gussasphaltkocher nicht im zivilrechtlichen Sinne vermietet wurden.
Die erste Instanz, das Arbeitsgericht Wiesbaden, gab der Klage der Sozialkasse noch weitgehend statt. Doch das Hessische Landesarbeitsgericht in Frankfurt am Main wies sie ab.

Sind Gussasphaltkocher Baumaschinen – und werden damit bauliche Leistungen erbracht?

Insgesamt ist auch in dieser Hinsicht die Rechtlage um die Beitragspflicht zur SOKA-Bau wieder einmal komplizierter geworden. Gleichzeitig, und das ist die gute Nachricht, bietet sie auch viele Ansatzpunkte, um Beitragsforderungen der Sozialkasse unter bestimmten Voraussetzungen zurückzuweisen.
So stellen nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts Gussasphaltkocher Baumaschinen dar, deren Vermietung mit Bedienpersonal im VTV aufgeführt ist, genau wie Betonpumpen, Betonmischer, Asphaltfertiger und Dumper. Andererseits folgt laut Urteil daraus nicht, dass diese Baumaschinen im Einzelfall auch „zur Erbringung baulicher Leistungen“ eingesetzt werden. Und nur dann ist die Arbeit beitragspflichtig. Im Ergebnis kam das Landesarbeitsgericht zum Schluss, die Asphaltkocher hätten nicht auf die „Erstellung des Bauwerks eingewirkt“. Es gab dem Transportunternehmen recht.

Man kann keinem Nicht-Juristen Vorwürfe machen, wenn er solchen haarfeinen Unterscheidungen nicht folgt. Im vorliegenden Fall brachten Sie dem Transportunternehmen jedoch den Sieg vor Gericht. Wichtig waren dafür Aspekte wie die Frage, wer den Fahrern Anweisungen erteilte, wer für das Entladen des Asphalts und wer für dessen Einbau zuständig war. Selbst die Art der Baustellen war juristisch relevant, ob beim Entladen auf der Baustelle Dumper, Pumpen, Bohlen oder Schubkarren zum Einsatz kamen und ob ein Zwischentransport notwendig wurde.

Fazit: Die Chancen hängen ganz vom Einzelfall ab

Angesichts dieses Urteils kann man nur wieder einmal bekräftigen: Welche Chancen ein Betrieb hat, Beitragsforderungen der SOKA-Bau abzuwehren, hängt ganz von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab. Das gilt auch und besonders für den Transport von Gussasphalt. Allein zu Gussasphaltkochern gibt es mehrere Urteile der Bundesarbeitsgerichts und des Landesarbeitsgerichts Hessen.
Wie es um die Chancen im Einzelfall bestellt ist, kann nur ein Rechtsanwalt beurteilen, der die bisherige Rechtsprechung genau kennt und einordnen kann. Die Aussichten prüfen zu lassen, lohnt sich in jedem Fall. Schließlich steht den Kosten für eine Erstberatung meist eine hohe Beitragsforderung entgegen.

Das in diesem Beitrag verwendete Foto „Gussasphaltkocher“ stammt von Lamiot, Wikipedia, © Lamiot, AsphalteTransport, CC BY 3.0. Herzlichen Dank!