Sozialkassenbeiträge für den Aufbau mobiler Bühnen und Tribünen?

Soka-Gerüst-Pflicht für das Aufstellen mobiler Bühnen und Tribünen?

Unternehmen, die für Veranstaltungen und Events mobile Bühnen und Tribünen vermieten und aufbauen (oder durch Subunternehmer aufbauen lassen), sehen sich typischerweise als Dienstleister der Event- und Unterhaltungsbranche – nicht als Gerüstbaubetriebe im Sinne des auf Baustellen tätigen Gewerks. Was Services rund um Eventbühnen und mobile Zuschauertribünen mit dem Errichten von Baugerüsten zu tun haben, ist für die Sozialkasse des Gerüstbauerhandwerks (SOKA Gerüst) allerdings keine Frage.

Eventbühnen-Aufsteller vor Gericht

Die SOKA Gerüst verklagte einen Dienstleister, der mobiler Eventtribünen anbietet. Sie hielt das Unternehmen für beitragspflichtig. Er bietet – auch durch Subunternehmer – das Aufstellen mobiler Bühnen und Tribünen für Großveranstaltungen an. Ferner kümmert sich das Unternehmen um Planung und Überwachung der Konstruktion. Der Betrieb weigerte sich, der Sozialkasse Informationen über die im Betrieb geleisteten Arbeitsstunden zu erteilen. Deshalb ging die SOKA Gerüst vor das Arbeitsgericht Wiesbaden. Sie wollte entweder ihren Auskunftsanspruch durchsetzen, oder von dem Unternehmen eine Entschädigung in Höhe von 80 Prozent der von ihr geschätzten, geschuldeten Beitragssumme, deutlich über 70.000 Euro.

Das Verfahren war mit der Entscheidung des Arbeitsgerichts nicht beendet. Der Prozess setzte sich vor dem Landesarbeitsgericht Hessen und schließlich auch vor dem Bundesarbeitsgericht in Erfurt fort.

Die SOKA Gerüstbau

Das Gerüstbauer-Handwerk hat seine eigene tarifliche Sozialkasse, die SOKA Gerüstbau. Diese ist recht engagiert auf der Suche, Betriebe zur Beitragszahlung heranzuziehen. Ähnlich wie die SOKA-Bau, die für das Baugewerbe generell zuständige große Schwester der SOKA Gerüstbau legt die SOKA Gerüstbau die Bestimmungen des VTV regelmäßig sehr weit aus. (VTV steht für den Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im GerüstbauerHandwerk, auf dem die Forderungen der Sozialkasse beruhen.)

Eventbühnen-Bau und Gerüstbau

Der Eventtribünen-Anbieter sei mit dem Aufbau mobiler Bühnen und Tribünen ein Betrieb des Gerüstbauhandwerks. Diese Einschätzung begründete die Sozialkasse damit, dass das Unternehmen Gerüste und Gerüstteile lagere, transportiere und repariere und die von ihm erstellten Tribünen und Bühnen samt ihrer fest verankerten Bestuhlung aus genormten Bauteilen zusammengefügt würden. Das Unternehmen argumentierte dagegen, dass die mobilen Tribünen und Bühnen keine Gerüste im Sinne des Tarifvertrags darstellten. Sie erfüllten eigene Zwecke und könnten mit herkömmlichen Baugerüsten nicht verglichen werden. Außerdem verwies es darauf, dass seine Geschäftstätigkeit (anders als im Gerüstbauer-Handwerk) nicht von Jahreszeiten und Witterung abhängig ist.

BAG gibt der Sozialkasse recht – in diesem Fall

Die Richter am Bundesarbeitsgericht bestätigten im Wesentlichen die Einschätzung der Vorinstanzen. Mit eigenem oder fremdem Personal erstellte mobile Tribünen und Bühnen seien Sonderkonstruktionen der Rüsttechnik und damit Gerüste. Ein Betrieb, der gewerblich Gerüste erstellt oder Gerüstmaterial bereitstellt, falle unter die Bestimmungen des Tarifvertrags, der die Beitragspflicht zur SOKA Gerüst regelt.

Der Geltungsbereich des Tarifvertrags sei nicht auf Betriebe beschränkt, die Baugerüste erstellen. Eine mobile Tribüne ermögliche wie ein Arbeitsgerüst Menschen den Aufenthalt in einer erhöhten Position, auch wenn diese keine Bauarbeiten ausführten. Deshalb schulde das Unternehmen der Sozialkasse Beiträge.

Gegenwehr aussichtslos? Nein!

Wer selbst Eventbühnen oder mobile Tribünen vermietet, wird dieses Urteil wohl befremdlich finden. Entmutigen lassen sollte man sich davon jedoch nicht. Das Bundesarbeitsgericht hat in anderen, jüngeren Entscheidungen gezeigt, dass es nicht immer nur im Sinne der SOKA Gerüst entscheidet: In einem Urteil aus dem Jahr 2017 wurde der Anspruch der SOKA Gerüst zurückgewiesen, von einem Betrieb Beiträge zu kassieren, der elektrische Bauaufzüge und Dachdeckeraufzüge vermietet.

Dazu kommt, dass in jedem einzelnen Fall sämtliche Aspekte des Einzelfalls eine Rolle spielen. Dazu gehört beispielsweise die Frage, wie viel betriebliche Arbeitszeit mit welcher Tätigkeit genau zugebracht wird, wie – im vorliegenden Fall – die Tribünen oder Bühnen genau zusammengesetzt werden und wofür die Subunternehmer genau zuständig sind.

Die Forderung von Beitrag der SOKA Gerüst oder einen Auskunftsanspruch der SOKA Gerüst einfach akzeptieren, ohne Rücksprache mit einem auf Sozialkassenverfahren spezialisierten Rechtsanwalt zu halten, sollte man jedenfalls nicht.

Das in diesem Beitrag verwendete Foto „stage“ stammt von dimitrisvetsikas1969 ©pixabay.com. Herzlichen Dank!